Interview mit Sara Luzón / Zürich, 12. Dezember 2024

DCM —
Entwickeln, Planen, Bauen

Interview: Mike Siering / Bild: Gian Marco Castelberg

  • Construction
  • Development
  • Neubau
  • Sanierung
Teilen

Sara Luzón leitet DCM, das Development & Construction Management der Pensimo. Im Auftrag derer Anlagestiftungen und des Anlagefonds Swissinvest sichert sie mit ihrem Team die bauliche Entwicklung und den Werterhalt eines Portfolios im Wert von 14 Milliarden Franken. Im Interview erklärt sie, was ihre Ziele sind, wie ihr Team komplexe Projekte meistert und warum Motivation der Schlüssel zum Erfolg ist.

–

Sara Luzón
Leiterin Development & Construction Management
Mitglied der Geschäftsleitung

T +41 44 518 02 25
sara.luzon@pensimo.ch

Sara, du leitest bei Pensimo den Bereich Development & Construction Management (DCM). Was macht ihr genau?  
Wie alle bei Pensimo arbeiten wir im Auftrag unserer Anlagestiftungen und des Fonds Swissinvest. Unser Team Development & Construction Management vertritt die Bauherrschaft in baulichen Aufgaben: von der Akquisition über die Entwicklung, die Ausführung bis zur Inbetriebnahme. Wir sind Spezialisten aus den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen und Technik – mit ergänzenden Weiterbildungen, beispielsweise in Nachhaltigkeit, Raumplanung, Immobilienwirtschaft, Baurealisation, Baumanagement, Ökonomie oder Gebäudetechnik.

Gibt es Schwerpunkte eurer Arbeit? Wo ist aktuell der Fokus? 
Alle Bereiche sind wichtig und ergänzen sich, aber das grösste Arbeitsvolumen umfasst sicher die Ausführung von Projekten, also im Immobilien- und Baumanagement. Wir betreuen circa 600 Liegenschaften, überwiegend Wohnimmobilien, aber auch Gewerbeliegenschaften und gemischt genutzte Objekte. Neben Neu- und Umbauten realisieren wir Umnutzungen oder Erweiterungen wie Aufstockungen oder Anbauten. Ersatzneubauten gibt es natürlich auch, diese sind aber eher die Ausnahme. Unser Ziel und der Fokus unserer Arbeit ist der Werterhalt und gleichzeitig die Wertsteigerung der Liegenschaften im Portfolio.

Gibt es mehr Neubauten oder mehr Arbeiten im Bestand? 
Ganz klar: Arbeiten im Bestand. Ich würde sagen, 80 Prozent der Projekte betreffend bestehende Liegenschaften.

Pensimo hat im Regelfall keine externe Bauherrnvertretung. Stattdessen nimmt dein Team das bauherrenseitige Projektmanagement wahr. Warum macht Pensimo das selbst? Wo siehst du Vorteile? 
Der Hauptgrund ist, weil es für uns der beste Weg ist, die Qualität zu beeinflussen. Beziehungsweise, die Ziele als Bautreuhänder – Kosten, Termine und Qualität – unter einen Hut zu bringen und zu steuern. Wir vertreten unsere Bauherrschaft sowohl in der Projektentwicklung als auch in der Planung und Umsetzung und arbeiten grundsätzlich unabhängig von Dritten. Unsere Projektteams stellen wir individuell zusammen, denn jedes Projekt braucht projektbezogene Spezialisten und Kenntnisse. Wir entscheiden zudem, mit welchen externen Partnern wir jeweils zusammenarbeiten wollen.

Gibt es auch Nachteile? Beispielweise bei der Ressourcenplanung? 
Uns ist wichtig, beides zu haben: ein breites internes Know-how auf dem neuesten Stand und gute externe Fachleute. Dies verleiht uns Autonomie und Flexibilität. Welche Leistungen wir selbst erbringen und welche wir auslagern, entscheiden wir projektspezifisch. Natürlich benötigt unser Ansatz mehr Ressourcen in-house, als wenn alle Leistungen extern erbracht werden würden. Jedoch überwiegen aus unserer Sicht und Erfahrung die Vorteile.

Auch das Development macht Pensimo also selbst. Die verantwortlichen Personen in dieser entscheidenden Projektphase bei sich im Haus zu haben: wie wichtig ist das für den Projekterfolg? 
Es hat bedeutende Vorteile. Wir kennen die Strategien der Anlagestiftungen genau. Und vor allem arbeitet unser Team nicht autark, sondern gemeinsam mit der jeweiligen Mandatsleitung und dem Portfoliomanagement. Das bedeutet sehr kurze Wege, die schnelle Entscheidungen ermöglichen. Wichtig für eine gelungene Projektentwicklung ist zudem die frühe Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Themen Nachhaltigkeit und Betrieb. Erfolgsentscheidend ist auch hier wieder die enge fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit: Wir definieren die Projektziele bei Projektbeginn gemeinsam mit unseren Nachhaltigkeitsbeauftragten und dem Team Real Estate Operations.

Du hast das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Hier fällt Development & Construction eine zentrale Rolle zu. Wie wichtig ist das Thema bei euch? 
Jede Planung wird in Zusammenarbeit mit einem Verantwortlichen im Nachhaltigkeitsbereich geführt als auch mit dem Portfoliomanagement, damit wir stets die Ziele der jeweiligen Anlagestiftung bestens einfliessen lassen. Zentral ist, die richtige Balance zwischen den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit zu finden. Bestehende Liegenschaften erfüllen nie alle ESG-Kriterien. Das heisst, bei baulichen Eingriffen müssen wir auf Basis der Anlagestrategie abwägen, welche Zielvorgaben wir wie stark gewichten wollen. Prüfen sollten wir aber immer alle Kriterien. Im Bereich der sozial nachhaltigen Entwicklung liegt unser Fokus sehr stark auf der Qualität von Gebäuden und Freiräumen und gleichzeitig auf bezahlbarem Wohnraum. Auf wirtschaftlicher Ebene versuchen wir durch optimierte Prozesse möglichst effizient zu sein. In Bezug auf die Umwelt liegt das Hauptaugenmerk natürlich auf der Dekarbonisierung des Portfolios.

Was sind besonders häufige Massnahmen? Heizungsersatz und Sanierung der Gebäudehülle? 
Der Ersatz fossiler Energieträger ist selbstverständlich ein zentrales Ziel. Wir führen derzeit circa 50 bis 60 Projekte, die den Heizungsersatz betreffen. In diesem Zusammenhang prüfen wir systematisch den Einsatz von Photovoltaikanlagen und die energetische Erneuerung der Gebäudehülle. Es kommt häufig vor, dass wir solche Teilprojekte auf Basis der Erneuerungsstrategie kombinieren. Oder, dass wir mehrere Heizungsersätze bzw. Photovoltaikanlagen in verschiedenen Liegenschaften einer Region bündeln. So können wir die Anzahl der Partner reduzieren und haben vielleicht nur eine oder zwei Ansprechpersonen. Das reduziert die Komplexität und ist sehr effizient.

Gemeinsam mit dem Portfoliomanagement müsst ihr den richtigen Zeitpunkt für die Erneuerung jeder einzelnen Liegenschaft im Portfolio festlegen. Dabei stehen Renditeüberlegungen (Sanierung am Ende des Lebenszyklus eines Bauteils) denjenigen der Nachhaltigkeit (möglichst rasche energetische Ertüchtigung) gegenüber. Wie gewichtet ihr hier?  
Da sitzen alle Interessensvertreter zusammen und einigen sich. Es ist wie ein Tisch mit drei Beinen. Möglichst gibt es keines, das zu kurz kommt. Nur dann ist der Tisch stabil. Das ist, was ich meinte mit der Balance zwischen den Kriterien. Wir können eine energetische Sanierung vorziehen, wenn wir sie mit früher notwendigen Eingriffen verbinden. Oder sie verschieben, wenn wir wissen, dass bald eine andere grössere Baumassnahme ansteht. Nehmen wir das Beispiel Photovoltaik. Hier haben wir zunächst ein systematisches Screening gemacht, um alle Liegenschaften zu identifizieren, bei denen bald eine Dachsanierung vorgesehen ist. In diesen Fällen ziehen wir es vor, die Photovoltaikanlage mit der ohnehin notwendigen Dachsanierung zu kombinieren und verzichten auf eine unmittelbare Umsetzung. Ist hingegen die Zeitspanne bis zur Dachsanierung zu lang, lohnt sich die frühzeitige Installation der Photovoltaik. Wir haben eine Matrix entwickelt, in der mögliche energetische Massnahmen abgebildet werden, um deren Korrelation mit den Lebenszyklen der einzelnen Bauteile zu veranschaulichen. Auf dieser Basis legen wir gemeinsam die individuelle Sanierungsstrategie fest.

Derzeit ist das Thema Re-use in aller Munde. Bestehende Tragstrukturen oder Bauteile werden erhalten. Der Neubau wird zusehends zur Ausnahme. Wie entscheidet ihr, was erhalten und was erneuert wird?  
Das überprüfen wir mittels Varianten in Machbarkeitsstudien. Beispielsweise eruieren wir, welches Resultat ein Ersatzneubau bringen würde: Erreichen wir ein bedeutend grösseres Volumen, zusätzliche Fläche oder sind die Unterschiede marginal? Wir prüfen, wieviel CO2 welche Variante freisetzt. Wir ziehen auch in Erwägung, wie herausfordernd es ist, am jeweiligen Standort zu bauen. Ein Ersatzneubau in der Stadt Zürich, bei dem wir ein annähernd gleiches Volumen vielleicht städtebaulich optimieren, aber wenig Mehrwert generieren, ergibt kaum Sinn. Wir analysieren bestehende Untergeschosse und Tragstrukturen vertieft. Sind sie höher belastbar? Müssen sie bei einer Aufstockung verstärkt werden? Wieviel kostet das? Haben wir nach einer potenziellen Gebäudetransformation immer noch gute oder sogar entscheidend bessere Grundrisse? Vom Grundsatz her versuchen wir, Bestand und Bauteile möglichst weiter zu nutzen.

«Aktuell arbeitet unser Team an über 300 Projekten. 2024 investieren wir dabei über 360 Millionen Franken.»

Kannst du sagen, wie viele Projekte dein Team im Moment in etwa bearbeitet? 
Alles in allem sind es zurzeit über 300 Projekte.

Und wie gross ist das Investitionsvolumen ungefähr? 
Für das laufende Jahr 2024 sind das etwa 362.5 Millionen Schweizer Franken.

Worum handelt es sich im Einzelnen? 
Bei rund 55 Projekten geht es um den Ersatz des fossilen Heizungssystems, bei weiteren 30 um spezifisch energetische Sanierungen. Hinzu kommen etwa 150 Sanierungsprojekte. Hier geht es um die Gebäudehülle, um Gesamtsanierungen, Innensanierungen, Ausbauten oder Modernisierungen. Neubauten respektive Ersatzneubauten bearbeitet unser Team derzeit 35. Zusätzlich laufen im Moment etwa 50 Studien und Analysen.

Kannst du sagen, welches Projekt aktuell das grösste ist? 
Bezüglich Volumen und Komplexität ist dies sicherlich die Arealentwicklung Zwhatt in Regensdorf. Dort bauen wir «konventionell», also ohne Totallunternehmer. Dies bindet beträchtliche interne Ressourcen. Wir prüfen jede Ausschreibung, jede Vergabe und unterschreiben jede Rechnung.

Und ein Beispiel für sehr kleine Projekte? 
Hier gilt es zu differenzieren: Für den regulären baulichen Unterhalt ist die Bewirtschaftung zuständig, also die Kolleginnen und Kollegen der Regimo, die unsere Liegenschaften verwalten. Sehr kleine Projekte bearbeitet unser Team also nicht. Wir kommen erst bei strategischen und technischen Projekten ins Spiel, die Investitionscharakter aufweisen. Das Thema Heizungsersatz ist beispielsweise bei uns angesiedelt, weil es auf Grund der Umstellung auf fossilfreie Energieträger ein strategisches Thema ist.

Ich möchte gerne noch mit dir über das Thema Planungskultur reden. Damit meine ich die Art und Weise, wie wir im Planungsteam und auch auf der Baustelle miteinander umgehen. Was für eine Auftraggeberin ist Pensimo? 
Eine, die ihren Partnern mit Respekt und Vertrauen begegnet – die offen und gesprächsbereit ist. Bei allen grösseren Projekten setzen wir für die Wahl der Planungsteams auf Varianzverfahren wie Studienaufträge: mit oder ohne Präqualifikation. Aus zwei Gründen: einerseits zur Qualitätssicherung, und andererseits wollen wir auch unsere künftigen Partner kennenlernen. Für uns ist nicht nur der Entwurf, das Projekt an sich wichtig, sondern, mit wem wir zusammenarbeiten. Anonyme Wettbewerbe führen wir daher kaum durch. Wir wollen mit unseren potenziellen Projektpartnern ins Gespräch kommen. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt unseres Auswahlprozesses. Bisweilen besuchen wir Architektinnen und Architekten auch in ihren Büros, um uns ein Bild von ihrer Arbeitsweise zu machen. Gemeinsam mit unseren externen Partnern wollen wir in den Projekten nicht möglichst schnell vorangehen, sondern möglichst nachhaltig zusammenarbeiten.

«Eine meiner wichtigsten und schönsten Aufgaben ist, die Motivation unseres Teams aufrechtzuerhalten. Über zwanzig Persönlichkeiten, die ihr Potenzial entfalten können, um gemeinsame Erfolge zu feiern.»

Unterscheidet sich Pensimo da von anderen Bauherrschaften? 
Ich hoffe sehr, dass andere institutionelle Bauernschaften ähnlich ambitioniert sind wie wir. Ich möchte uns aber eigentlich nicht mit anderen vergleichen. Wir sind wir. Wir haben unsere Werte und Ziele und unsere Art und Prinzipien, Projekte zu führen. Das ist unser Weg, den wir als Pensimo beschreiten wollen. Sicher, wir unterscheiden uns durch die Personen, die bei uns arbeiten und ihre Persönlichkeiten machen uns aus. Das ganze Team, macht uns zu dem, was wir sind. Wir ergänzen uns, wir bereichern uns – und wir bringen unterschiedliche Ideen und Kulturen zusammen und spornen uns gegenseitig an. Was uns bei Pensimo alle eint, ist, dass es uns nicht gleich ist, wie und was wir bauen. Wir alle streben nach hoher Qualität, und uns ist bewusst, dass wir nur schon durch unsere Portfoliogrösse Einfluss auf die Baukultur der Schweiz nehmen. Diese Verantwortung nehmen wir daher wahr.

Gibt es besondere oder neue Verfahren, die ihr bei der Wahl von Partnerinnen und Partnern einsetzt? 
Jedes Projekt ist anders und daher funktioniert nicht jeder Prozess gleich gut. Das jeweils gewählte Vorgehen orientiert sich an den Projektzielen, an den involvierten Personen und den verfügbaren Ressourcen. Manche Verfahren sind komplex und aufwendig, andere einfacher. Bisweilen kreieren und testen wir massgeschneiderte Verfahren, reflektieren, ziehen unsere Schlüsse daraus und schauen, was wir gelernt haben, um es beim nächsten Mal noch besser zu machen. Genau so entwickelt man sich ja als Team und schlussendlich als Unternehmen weiter. Nur so können wir kreativ und innovativ bleiben. Wichtig ist uns, auch die jüngeren Generationen zu berücksichtigen.

Letzte Frage: Hast Du aktuell ein Lieblingsprojekt? Oder ein Lieblingsthema, das dich beschäftigt? 
Meine Lieblingsaufgabe ist, die Motivation unseres Teams aufrechtzuerhalten. Das ist sehr anspruchsvoll aber gleichzeitig auch vielfältig und macht mir sehr viel Spass. Dazu gehört unter anderem, gute Projektteams zusammenzustellen und den Transfer von Wissen sicherzustellen. Ich versuche stets, meine Kolleginnen und Kollegen zu animieren, immer wieder Neues auszuprobieren. In unserem Team gibt es über zwanzig unterschiedliche Persönlichkeiten und ich möchte jeder einzelnen ermöglichen, ihr volles Potenzial zu entwickeln. Nur wer sich auch persönlich entfalten kann, wird sein Bestes geben, um gemeinsamen Erfolge zu erzielen und zu feiern.

Viel Erfolg, Sara! Und herzlichen Dank für das Interview. 

Bitte einen modernen Webbrowser benutzen